Goya, Carrière und der Geist von Buñuel / Goya, Carrière & the Ghost of Buñuel

Jean-Claude Carrière, der 2021 kurz nach Fertigstellung dieses Dokumentarfilms starb, war einer der wichtigsten europäischen Drehbuchautoren der letzten 60 Jahre; bekannt war er vor allem durch seine Kollaboration mit Luis Buñuel. Carrière war darüber hinaus zeitlebens ein Experte spanischer Kultur. In „Goyas Schatten” reist er mit dem Zug nach Spanien, um einem der bedeutendsten Maler noch einmal seine Ehrerbietung zu erweisen und sich von ihm zu verabschieden. An verschiedenen Schauplätzen - in berühmten Museen wie dem Prado, beeindruckenden Palästen wie dem der Herzogin von Alba in Madrid und erhabenen Kirchenräumen - meditiert er über die Leinwände, Gobelins und Wandmalereien des Künstlers. Carrières Reflektionen über den von ihm verehrten Maler sind von berührender Intimität und vermittteln die destillierte Weisheit eines langen Lebens. Seine Stimme ist dabei nur eine seiner vielen Gaben: ihm zuzuhören ist ein wahres Privileg. Die Tiefgründigkeit seiner Gedanken beschränkt sich dabei nicht auf die (ganz offensichtliche) ästhetische Wertschätzung, sondern es zeigt sich in ihr auch eine enorme politische Sensibilität. Diese macht Carrière zu einem unnachahmlichen Interpreten der dunkleren, modernen Seite von Goyas Genie, der Welt von „Los Caprichos“, „Desastres de la Guerra“ und den gespenstischen „Pinturas negras“ seiner späten Jahre. Durchweg, mitgetragen von anderen, hochgradig eloquenten Stimmen, bleibt die Verbindung Carrières zu Buñuel präsent; der Film schafft Einblicke, die die Nähe des provokanten, surrealistischen Regisseurs zu Goya verdeutlichen. Eine Nähe, die weit über die von beiden erlittene Taubheit hinausgeht. Lopéz-Linares’ Film ist, wie zu erwarten, visuell atemberaubend und hebt dabei nicht nur Goyas Werke hervor, sondern auch die alten Landschaften von Aragon und Andalusien, ihre Dörfer, Wüsten und Sierras.

José Luis López-Linares

José Luis López-Linares ist Regisseur und Produzent von Dokumentarfilmen. Als Kameramann arbeitete er früh bei Filmen von Carlos Saura, Fernando Trueba, Jaime Chávarri, Alain Tanner und Víctor Erice mit. Seit 1994 hat er selbst mehr als vierzig Dokumentarfilme produziert und gedreht, darunter "Asaltar Los Cielos" (Ondas-Preis 1997), "Un instante en la vida ajena" (Goya für den besten Dokumentarfilm 2004) und "Extras" (Goya für den besten Kurzdokumentarfilm 2005). Im Jahr 2005 gewann er den Goya für die beste Kamera für den Film "Iberia" von Carlos Saura. Im Jahr 2016 wurde "The Mystery of Hieronymus Bosch" veröffentlicht, der ein großer Presse- und Verkaufserfolg war.