DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
06.–23.10.2016

Exil

„Eine Revolution kennt kein unschuldiges Publikum“ – so beginnt der sehr persönliche Essayfilm des kambodschanischen Regisseurs Rithy Panh, der mit fünfzehn Jahren als einziges überlebendes Kind seiner Familie vor den Roten Khmer nach Frankreich floh. Panhs Filme kreisen um die Frage, wie man einen Genozid, von dem es keine Bilder gibt, im Kino erzählen kann.

Im Mittelpunkt von Exil steht der junge Panh, dargestellt von dem jungen Schauspieler Sang Nan. Der innere Monolog (gesprochen von Randal Douc) ist verzahnt mit Zitaten aus revolutionären Schriften, Propagandamaterial und Filmausschnitten und macht die inneren Auseinandersetzungen nachvollziehbar. Exil ist in jenem emotionalen Abgrund angesiedelt, der sich zwischen dem Erkenntnishorizont des verführbaren Jugendlichen und dem reflexiven Rückblick des Erwachsenen auftut. Die Archivbilder wechseln sich mit surreal bis realistischen, stets sorgfältig arrangierten Tableaus ab, in denen der Schauspieler wie auf einer Theaterbühne agiert.

„Exil ist Verlassenheit, schreckliche Einsamkeit. Im Exil ist das eigene Ich verloren, man leidet, man löst sich auf. Aber es kann auch sein, dass man zu sich findet, im Land der Wörter, der Bilder, in Fantasien, die nicht nur kindlich sind. Alles beginnt mit dem Exil, und ohne es ist alles nichts. Exil ist eine Meditation über die Abwesenheit, über innere Einsamkeit, Geografie, Politik. Exil ist ebenso der Erklärungsversuch eines Jungen, der im Demokratischen Kampuchea lebte, wie des Mannes, zu dem er wurde, unfähig, Ungerechtigkeit zu akzeptieren: Welche Art Revolution könnten wir uns wünschen? Eine Revolution für die Menschheit und mit Menschlichkeit? Eine Revolution, die der Menschheit gerecht wird, mit Respekt und Verständnis? Oder ein Versuch der Zerstörung, der falschen Reinheit, die so viele Anhänger hat, in Asien wie im Westen?“ – Rithy Panh

(sh)

Rithy Panh

Der kambodschanische Regisseur Rithy Panh wurde 1964 in Phnom Penh geboren und lebt heute in Frankreich. 1975 wurde er in einem Resozialisierungslager der Khmer Rouge interniert, 1979 gelang ihm die Flucht nach Thailand. Ab 1980 lebte er in Paris und studierte dort später am Institut des Hautes Etudes Cinématographiques (IDHEC). Er begann seine Karriere mit Dokumentarfilmen, für die er vielfach mit Preisen ausgezeichnet wurde: Site II (1989), Cinéma de notre temps: Souleymane Cissé (1990), Cambodge entre guerre et paix (1992). 1994 führte er Regie bei seinem ersten Spielfilm, Neak Srê, der in die Auswahl bei den Filmfestspielen von Cannes aufgenommen wurde. 1995 übernahm er die Leitung des Atelier Varan in Kambodscha. Sein zweiter Spielfilm, Un soir après la guerre, wurde 1998 in Cannes in die Official Selection Un Certain Regard aufgenommen. Zu seinen Dokumentarfilmen zählen: _Lumière sur un massacre: 10 films contre 110 000 000 de mines (1997), Van Chan, une danseuse cambodgienne (1998), La Terre des âmes errantes (1999). Im Jahr 2013 wurde sein Dokumentarfilm Das fehlende Bild (L’Image manquante) auf den Filmfestspielen von Cannes mit dem Hauptpreis der Sektion Un Certain Regard ausgezeichnet und für den Oscar nominiert.