DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
06.–23.10.2016

Call Her Applebroog

Collapse and Recovery hieß 2012 das Leitmotiv der 13. Documenta. Dies ließe sich als Titel auch dem Gesamtwerk der New Yorker Künstlerin Ida Applebroog voranstellen, die dort mit einer Installation vertreten war.

Applebroog wurde 1929 als Ida Applebaum in eine jüdisch-orthodoxe Immigrantenfamilie geboren und wuchs in der Bronx auf. Früh erfährt sie ihr Umfeld als beengend und bedrohlich. Kunst dient ihr zur Selbstwerdung und Selbsterhaltung. Ihre Arbeiten thematisieren so immer wieder die von Machtkämpfen und Rollenzuweisungen geprägten menschlichen Beziehungen. Sexualität und Körperlichkeit dienen dabei als Projektionsfläche, auf der sich die Künstlerin mit den Spielarten dieser Themen auseinandersetzt.

Mit Call Her Applebroog ist der Filmemacherin und Tochter Applebroogs Beth B nun ein unaufgeregtes, intimes Porträt gelungen. Zugleich ist der Film das Gemeinschaftsprojekt zweier gleich starker Künstlerpersönlichkeiten. Wenn es dabei gilt, Skizzen zuzuordnen oder Texte zu entschlüsseln, gleicht dieses Projekt oft einer archäologischen Ausgrabung. Da aber Applebroogs Leben und Werk die Objekte dieser Ausgrabung sind, teilt sie nicht immer das Interesse ihrer Tochter, Dinge ans Licht zu bringen: „This is a description of I have no idea!“ sagt sie zu Beginn des Filmes über einen Text aus einem ihrer Notizbücher. Diese Momente der Ungeduld und Lustlosigkeit sind erhellend. Sie verweisen auf einen Ort des Schweigens, von dem allein aus es der Künstlerin möglich scheint, auf die Zumutungen des Lebens zu antworten. Zwischen Mutter und Tochter läuft das nicht immer reibungslos ab; Call Her Applebroog ist ein Film über das Leben und die Kunst und zugleich eine Fortsetzung von beidem.

(ab)

Beth B

Beth B ist eine interdisziplinär arbeitende Künstlerin mit einem breit gefächerten Tätigkeitsfeld, das erzählerische, dokumentarische und experimentelle Filme, Fotografie, Z-Painting, Theater sowie Skulpturinstallationen für Museen, Galerien und öffentliche Kunstschauplätze gleichermaßen umfasst. Beth B eroberte die New Yorker Filmszene in den späten 70er Jahren mit Regiearbeiten im Super-8-Format. Diese bahnbrechenden Filme wurden damals u. a. im Max’s Kansas City, im CBGB, beim New York Film Festival sowie im Film Forum gezeigt und waren vor Kurzem, zusammen mit neueren Werken, im Whitney Museum sowie im MoMA zu sehen. Beth B hat in ihrer äußerst produktiven Schaffenszeit mehr als 30 Filme produziert und war über einen Zeitraum von acht Jahren zudem als Ausführende Produzentin und Regisseurin für das Fernsehen tätig. Ihre Filme wurden in Kinos und bei Festivals in aller Welt gezeigt, darunter beim New York Film Festival, beim Sundance Film Festival, bei der Berlinale, beim Toronto Film Festival und beim Nürnberger Filmfestival der Menschenrechte.