Presseresonanz DOKU.ARTS 2007
„Ein Höhepunkt der Filmgeschichte mag das gewesen sein, Anfang der Siebziger: Der eigenwillige Produzent Bob Evans im Projektionsraum der Paramount, man führt ihm eine der Szenen aus dem ‚Godfather’ vor, den Knaller mit dem blutigen Pferdekopf im Bett, Walter Murch, der Sounddesigner hat dazu zwei kleine Melodien übereinander gelegt, die den Schrecken subtil steigern. Bob Evans ist begeistert, er spielt über Telefon die Szene einem der Studiomanager in New York vor. Da steht er also vor der Leinwand, den Hörer in die Höhe gereckt, und oben auf der Leinwand wacht der Mann im Bett auf, ein fiktiver Filmproduzent, dem ein schlimmes Erwachen beschert wird…
Ein Moment, der in seinem leinwandsprengenden Impetus der viel beschworenen Einfahrt des Zuges in den Bahnhof von La Ciotat gleichkommen mag, mit der 1895 das Kino begann. Im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit nimmt das Kunstwerk seinen Eigenwert zurück, macht seine Entstehung zum Teil seiner Existenz. Wenn Walter Murch von Evans vor dem Pferdekopf erzählt, dann ist das mehr als süffiges Bonusmaterial zu einem Megahit der Siebziger, es ist Filmemachen als Happening. Welchen Part die Kamera dabei spielt, wie sie den Überzeitlichkeitseffekt der Kunst zerbröselt, davon handeln die schönsten Filme des zweiten Doku.Arts-Festival, das bis Sonntag in der Akademie der Künste in Berlin stattfindet.
Theatre of thoughts, sagt Murch, wenn er von dem spricht, was vor der Kamera passiert, in Gesichtern, Räumen, Landschaften …
Die Zeichenhaftigkeit ist eine Eigenschaft der Welt, nicht der Kunst, das ist die Botschaft, die Ariane Mnouchkine mit ihrer Truppe propagiert – der Film ‚Un soleil à Kaboul … ou plutôt deux’ folgt ihr für ein paar Wochen nach Kabul, wo sie junge afghanische Theaterleute motiviert und trainiert. […] Von Chris Marker, einer anderen französischen Galionsfigur läuft ‚Description d’un combat’ von 1960. Der Filmemacher begibt sich nach Israel, setzt sich auseinander mit dem Leben dort, mit der Ideologie der Staatsgründung. ‚Zeichen, dieses Land präsentiert euch als erstes Zeichen…’ Jahrzehnte später erkundet der Israeli Dan Geva in ‚Description of a Memory’ dieses Reich der Zeichen, sucht nach Überlebenden des Chris-Marker-Films: Nichts Politischeres gibt es als die Semiologie.
Walter Murch ist der Meister der Montage, der heimliche kreative Spirit hinter Filmen wie ‚Apocalypse Now’ und ‚Der englische Patient’. David und Edie Ichioka haben ihn für ihren Film ‚Murch’ auf eine Couch gesetzt, und er redet eine Stunde in die Kamera. Es geht um Cuts, den entscheidenden Moment, um auf den Knopf zu drücken. Sein linkes Augenlid hängt ein wenig herunter, das gibt ihm einen lauernden, sinistren Aspekt. Seine Hände scheinen nach dem Gedanken zu greifen, den er grade entwickelt. Den Kontrast dazu liefert Bob Altman, dem man in ‚Lust, Trust and Ketchup’ am Set von ‚Short Cuts’ beim Verfertigen der Einstellungen zuschauen darf. Das alte Kino lebt in ihm, er ist wie der alte Meister Ford im Monument Valley.“
Süddeutsche Zeitung
„… Es ist ein hinreißender Porträtfilm [Louise Bourgeois] geworden. Eine respektvolle, aber nie unterwürfige Annäherung an eine schwierige Künstlerin. So sieht man, wie Louise Bourgeois in ihrer Küche ihr Frühstück zubereitet, Marmelade pur, und der Löffel wird über dem Gasherd desinfiziert. Im gleichen Gasherd werden die Skulpturmodelle gebrannt, aus denen sie ihre Puppen und Torsi gießt. Dann wieder zertrümmert sie im Zorn Skulpturen und Vasen, spricht über Depression und Einsamkeit, und man liebt sie, diese tapfere 94-Jährige, die so eigensinnig ihre Unabhängigkeit verteidigt: ‚Ich bin ein Langstreckenläufer und auch ein einsamer Läufer’, sagt Louise Bourgeois von sich. Es ist nur eine von vielen Annäherungen an besonderen Künstlerpersönlichkeiten. Insgesamt 20 Dokumentarfilme hatte das Berliner Festival Doku-Arts im Programm, das noch bis morgen die Akademie der Künste bespielt. Oft sind es letzte Gelegenheiten: So starb der Dichter Michael Hamburger, den Frank Wierke noch 2007 in Suffolk besuchte, im Juni. Auch die Dichterin Hilde Domin, die sich für Anna Ditges widerwillig vor die Kamera stellt, verstarb im Februar 2006. Und dem im November 2006 verstorbenen Robert Altman wird mit einer Dokumentation von den Dreharbeiten zu ‚Short Cuts’ gedacht. Louise Bourgeois jedoch wird Mitte Oktober zum 95. Geburtstag mit einer großen Retrospektive in London geehrt.“
Der Tagesspiegel
„Ein Festival, das Filme zur Kunst und Zeitgeschichte vereint“
„Zum zweiten Mal präsentiert das Festival ‚Doku.Arts’, das einzige seiner Art in Europa, Arbeiten zur Kunst: eine Auswahl, die vom Portrait der am Down-Syndrom erkrankten kalifornischen Objektkünstlerin Judy Scott (‚What’s under your Hat?’, 2006) bis zur knapp dreistündigen Studie über Leben und Werk von Marlon Brando (‚brando.’, 2007) reicht. Dass in den Filmen über Kunst häufig das Wechselspiel mit gesellschaftlichen Zuständen und Prozessen zur Sprache kommt, versteht sich von selbst: Die Liebesgeschichte zwischen dem Dichter Ilya Ilf und seiner Frau Maria wäre ohne den Hintergrund der russischen Revolution und ihrer Pervertierung unter Stalin nicht denkbar (‚Ilya und Marusya’, 2006). Ein Porträt der Malerin Alice Neel, die unter anderem mit unkonventionellen Aktbildern Aufsehen erregte, muss notwendigerweise auf den bigotten, provinziellen Moralismus der US-Gesellschaft eingehen (‚Alice Neel’, 2006). Und wenn in ‚The City of Photographers’ (2006) über unabhängige chilenische Fotografen erzählt wird, die die Wirklichkeit unter der Pinochet-Diktatur erkundeten und ihre Fotos manchmal unter Lebensgefahr ins Ausland schmuggelten, ist das auch ein filmisches Aufbäumen gegen das Vergessen.“
„Zu den schönsten Arbeiten der Auswahl gehört ‚Dinner with Murakami’ (2007), eine Hommage an den japanischen Dichter Haruki Murakami, ganz ohne ihn selbst. Die Regisseurin Yan Ting Yuen lässt Japaner aller Schichten und Altersstufen aus seinen Texten lesen und über ihn reden: Was fasziniert sie an seiner Kunst; woraus resultiert deren Stärke, die Leser immer wieder aus der Hektik des Alltags herauszuholen und in suggestive, surreale Welten zu entführen? Der Film entwirft Bilder, die diesen Texten entsprechen: farbintensive exotische Motive aus dem heutigen Japan, die durch Stopptrick und Slowmotion verfremdet werden.“
Berliner Zeitung
„Das Festival Doku.Arts in der Akademie der Künste steigt tief in die Auseinandersetzung über die Rolle der Kunst in Zeiten der Globalisierung ein.“
„Doku.Arts ist ein ‚internationales Festival für Filme zur Kunst’ und zeigt abendfüllende Essays über Theaterleute, Fotografen, bildende Künstler, Literaten, Musiker und Filmkünstler. Intensiver, ausdauernder und ambivalenter als die üblichen Häppchen der Kulturmagazine setzen sie sich mit der Rolle der Kunst in Zeiten der Globalisierung und des Gefälles zwischen Arm und Reich auseinander.“
„Wie filmt man Künstlerpersönlichkeiten, ohne indiskret zu werden? Wie setzt man sie filmisch in Beziehung zu ihrem Werk? Mehrere Filme, zumal die ansehnliche Zahl von Altersporträts, machen sich im Zwiespalt zwischen Neugier und Nähe, Bewunderung und Altersdistanz angreifbar.“
„Doku.Arts zeigt Filme, die an die Stelle bloßer Gedenkbeiträge die kreative Auseinandersetzung mit den Künsten und ihren Protagonisten setzen. In vielen Festivalbeiträgen sind die Filmer mit den Gefilmten in s Gespräch vertieft. Man nimmt am beständigen Austausch an der Frage teil, welchen Anteil die Persönlichkeit der Künstler an ihrem Werk hat und was ihr Geheimnis bleibt.“
die tageszeitung
„DOKU.ARTS war auf Anhieb ein Erfolg und auch dieses Jahr ist damit zu rechnen, dass es vor Energie und Inspiration nur so brummen wird am Hanseatenweg.“ „Wem es nicht genügt, einmal im halben Jahr, weit nach Mitternacht, den einen oder anderen Dokumentarfilm über Kunst im Fernsehen zu sehen, für den ist DOKU.ARTS ein Muss“
Informationsdienst Kunst
„Das Doku.Arts-Festival ist ein Filmreigen mit Kunst, über Kunst und Künstler.“
„Gerade für die Akademie, die sich allen Künsten widmet, ist ein solches genreüberschreitendes Filmfestival das ideale Medium, um die eigene Vielfalt zu präsentieren.“
„’Die Qualität der Einreichungen ist gestiegen’, sagt Lewin. Fast doppelt so viele wie und hochwertigere Einreichungen als im vergangenen Jahr hat er diesmal erhalten. Fast alle Filmemacher haben zugesagt und kommen für anschließende Filmgespräche nach Berlin. Möglich gemacht werden konnte das nur durch die finanzielle Hilfe der jeweiligen Landesbotschaften, die dem klammen Festival aus der Klemme geholfen haben. Auch das ist ein Zeichen für die Akzeptanz des Festivals“
„Und auch der optisch gelungenste Film des Festivals, mit Bildern zum Staunen, dürfte wohl einen Verleih finden. ‚Dinner with Murakami’ ist ein Porträt des japanischen Autors, in dem man diesen selbst nicht sieht, dafür aber Schulmädchen, eine Psychotherapeutin, Schäfer sowie Passanten und einen Professor als Hobbykoch, die vor immer wieder neuen Szenerien über den scheuen Murakami reden und aus seinen surrealen Texten Lesen. Regisseurin Yan Ting Yuen gelingen dabei wunderbar komische, übernatürliche Bilder, die ohne das Doku.Arts-Festival in Deutschland wohl nie zu sehen gewesen wären.“
Welt am Sonntag
„Es gibt Kunstfilme und es gibt Dokumentarfilme. Und dann gibt es noch Dokumentarfilme über Kunst, die selbst kleine Kunstwerke sind.“
„Die auf der DOKU.ARTS gezeigten Filme verbindet ihre Vorliebe füs Ästhetische ebenso wie fürs Kritische: Sie hinterfragen das Wirken von Kunst in ihrer Zeit und darüber hinaus.“
zitty
„Literatur trifft auf Film, Film trifft auf Fotografie, Filme zur Kunst oder einfach: Doku.Arts. 25 Filme aus 16 Nationen an einem Ort.“
„Fotografie, Darstellende Kunst, Literatur und Kino – Doku.Arts schlägt eine filmische Brücke. Es steht ein Sub-Genre im Mittelpunkt, dem es nicht immer leicht gemacht wird, sein Publikum zu erreichen. Dabei gibt es ein großes Publikum, das auf solche Filme wartet: Dazu zählen Freunde der Filme über Kunst sowie Anhänger kunstvoller Filme. Für viele von ihnen bedeuten fünf Tage Doku.Arts-Festival auch fünf Tage Dauerkino.“
dieberlinseite.de